Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand

A Christmal Carol gehört nicht nur zu den bekanntesten Erzählungen Charles Dickens’, es gehört wohl zu den bekanntesten Weihnachtsgeschichten überhaupt. Ihr Hauptcharakter inspirierte nicht nur die Namensgebung eines berühmten Entenhauseners. Sie wurde auch unzählige Male adaptiert, sei es als Theaterstück, als Hörspiel oder eben als Film. Allein Wikipedia listet hier dreißig Umsetzungen für die Leinwand, welche sich gleichmäßig über die letzten 110 Jahre verteilen. Man könnte meinen, die Kritik zu Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand schriebe sich somit fast von selbst, sah man ähnliches doch schon zahlreiche Male zuvor. Doch das von Bharat Nalluri inszenierte Werk geht einen scheinbar ungewöhnlichen Weg.

Wie alles begann

Scheinbar deshalb, weil die präsentierte Herangehensweise an die literarische Vorlage momentan Hochkonjunktur zu haben scheint. Ähnlich wie Goodbye, Christopher Robin im Juni diesen Jahres setzt sich Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand mit der Entstehungsgeschichte seiner Vorlage auseinander. Beide versuchen den Inhalt der Bücher auf biographische Ereignisse der Autoren zurückzuführen um die Faszination zu erklären, welche diese bei Kindern seit Generationen auslösen. Durch ihre Vereinfachung misslingt aber beiden Filmen, dieses geniale Moment nachvollziehbar zu machen. Während Goodbye, Christopher Robin jedoch zu einer Biographieverfilmung nach Rezept verkommt, wählt Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand zumindest inszenatorisch den interessanteren Weg.

(Un)erwartete Hilfe

Charles Dickens, gespielt von Dan Stevens (Legion), steckt in einer Schaffenskrise. Aufgrund einer Schreibblockade ist es ihm schwer möglich, seinen Verlegern zeitnah einen neuen Bestseller zu liefern. Gleichzeitig plagen ihn sein stets pleite seiender Vater und das schlechte Gewissen diesem gegenüber. In dieser Phase der Zweifel wird Dickens in seinem Schreibzimmer regelmäßig von ihm bisher unbekannten Fantasiegestalten besucht. Immer mehr werden es und immer vertrauter werden sie ihm.
Es sind die Figuren, die den meisten Zuschauern aus A Christmas Carol bekannt sein sollten. Nach und nach helfen sie dem Autoren, seine Geschichte weiterzuentwickeln, nach und nach konfrontieren sie ihn dabei mit seiner eigenen Vergangenheit.

Lebendige Charaktere

Dem Publikum wird von Anfang an verdeutlicht, dass es sich bei den Figuren nicht um echte Menschen handelt. Dennoch wirken sie oft lebendiger, als die restlichen Charaktere des Films. Allen voran Ebenezer Scrooge, gespielt von Christopher Plummer. Dieser beweist hier erneut seine Fertigkeiten und schafft es selbst in eigentlich uninteressanten, vorhersehbaren und plumpen Szenen, die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu fesseln. Abseits seiner Figur und dem netten, für die Kinder unter den Kinobesuchern sicherlich neuem Element der lebendig gewordenen Romanfiguren bleibt der Film jedoch ebenso konventionell und inspirationslos, wie die meisten Fernsehspiele zur Adventszeit.

Eine Weihnachtsgeschichte

Anders als Goodbye Christopher Robin der zerrissen schien, ein Teil Kinderfilm, der andere ernstes Drama mit erwachsener Zielgruppe, wirkt Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand zumindest selbstbewusst und versteht, was er sein möchte. Er reiht sich ein in die lange Liste seichter Weihnachtsfilme mit einfacher Botschaft für Heranwachsende und kitschiger Inszenierung. Manch einer mag dies als harmlosen Eskapismus empfinden, andere ihm genau dies zum Vorwurf machen. Mein Vorwurf zielt auf etwas anderes ab. Trotzdem die Drehbuchautoren versuchen, die altbekannte Erzählung von Charles Dickens auf neue Weise zu erzählen, präsentieren sie nur Altbekanntes. Man könnte die oben beschriebene Liste auch als eine voller belangloser Weihnachtsfilme beschreiben, die man als nett bezeichnet, um niemandem zu verletzen, der einen dieser Film aus nostalgischen Gründen für gut befindet. Absurderweise beschreibt damit der deutsche Titel von Charles Dickens‘ A Christmas Carol präzise den Film: Eine Weihnachtsgeschichte.

 

Ab dem 22.11.2018 im Kino

 

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