Rememory
Eines hat der Film richtig erfasst: Erinnerungen stellen den zugrundeliegenden Kern des Selbst. Sie formen eine Idee der eigenen Person und erfassen die gesamte, subjektive Welt. „Rememory“ von Mark Palansky widmet sich diesem Thema und legt die Schienen der Handlung so simpel, dass er gar keine andere Wahl hätte, als sich mit dem zutiefst menschlichen Thema der Erinnerung auseinanderzusetzen.
Der berühmte Wissenschaftler Gordon Dunn entwickelte ein therapeutisches Gerät, welches genutzt werden kann, um beliebige Erinnerungen einer Person zu extrahieren und wie einen Film abzuspielen. Auch sei es möglich, Erinnerungen zu löschen oder zu manipulieren. In einer Zeit, in der Personen wie Elon Musk öffentlichkeitswirksam Technologien die im Zusammenhang mit Neuralink stehen propagieren, erscheint jener Eingriff gar nicht so unrealistisch.
Aber keine Sorge: Es besteht kein akuter Bedarf einer Auseinandersetzung mit den ethischen Implikationen solch eines Gerätes. Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist man noch mehr als meilenweit entfernt von einer Technologie, die auch nur ansatzweise in der Lage wäre, Erinnerungen oder Gedanken präzise zu extrahieren. Doch sollte dies der Fall sein, so fragt man sich, was würde dies für die Menschheit bedeuten?
Diese Frage kann der Regisseur nicht beantworten. Auch bietet er keine Ansätze, die zu einer Debatte beitragen könnten. Stattdessen verramscht der Regisseur die zwar unoriginelle aber durchaus reichhaltige Prämisse mit einem Konflikt zwischen den Gefahren solch einer Erfindung und den wirtschaftlichen Interessen einer Firma, um einen billigen und überaus konventionellen dramatischen Faden ins Spiel zu bringen. Mit Gefahren ist dabei bloß gemeint, dass dieses Gerät ja durchaus Nebenwirkungen haben könnte – etwa, dass Erinnerungen wieder hervorgebracht werden, welche letztendlich zu Traumata führen. (Hinsichtlich einer ethischen Debatte des Themas, war’s das sogar schon.)
Auf der anderen Seite wird dem Zuschauer eine überaus reiche Portion Kitsch serviert. Schließlich: Sam Bloom (gespielt von Peter Dinklage) möchte dringend die letzten Worte seines verstorbenen Freundes hören, die er sagte, nachdem er während eines Autounfalls – verursacht von Sam – gestorben ist. Motivation genug, um das Erinnungsextraktionsgerät zu stehlen und dabei das Bedürfnis zu haben, den kürzlichen Tod des Erfinders aufzuklären. Dabei beschäftigt er sich mit jenen Probanden und ihren Aufnahmen, die Erfinder Gordon Dunn zur Entwicklung des Gerätes rekrutiert hatte.
Im Prinzip würde dies durchaus erlauben, die Natur des Menschen zu ergründen. Was könnten die Erinnerungen für jene Menschen, bei welchen es sich auch um psychiatrische Patienten handelte, bedeuten? Letztendlich kratzt der Regisseur dabei jedoch lediglich an der Oberfläche. Wobei, eine zerkratzte Oberfläche würde zumindest einen Ansatz von Tiefe implizieren. Mich wundert, wieso solch eine Thematik gewählt wird, wenn keine tiefergründigen philosophischen Ideen ausschlaggebend dafür sind. Gut, eine Extraktion von Erinnerungen könnte gefährlich sein, weiter geht’s!
Bild: © Great Point Media