The First Avenger: Civil War
Die Anforderungen an The First Avenger: Civil War waren gewaltig. Anthony und Joe Russo mussten nicht nur einen würdigen Nachfolger für den von ihnen inszenierten The Return of the First Avenger (2014), der als einer der besten Marvel-Filme aller Zeiten gilt, schaffen. Es galt auch, eine der ikonischsten story arcs der Marvel-Comics zu adaptieren: Civil War.
In diesem Film epischen Ausmaßes finden sich nahezu alle Berühmtheiten, die Disneys Marvel-Universum zu bieten hat: Der Winter Soldier, Hawkeye, Black Widow, Ant-Man, Falcon, Vision, Scarlet Witch, War Machine und viele weitere. Im Zentrum der Comicverfilmung stehen jedoch Captain America, verkörpert von Chris Evans und Tony Stark alias Iron Man, dessen Rolle Robert Downey Jr. mittlerweile zum siebten Mal übernimmt. Während Stark sich dafür einsetzt, dass das berühmte Superheldenteam, die Avengers, unter die Kontrolle der UN gestellt werden, verweigert sich Captain America dem vorgeschlagenen Vertrag und plädiert für die Fortführung der Selbstregulation. Der Konflikt spaltet das Team in zwei Lager, die sich, angetrieben durch äußere Umstände, gezwungen sehen, gegeneinander zu kämpfen.
Wie dieser Umriss der Handlung deutlich macht, wird es Nichtkennern, für die all die gelisteten Namen leere Worthülsen darstellen, schwerfallen, den Film zu genießen. Auch wenn es sich um einen „Captain America“-Film handelt, ist er keineswegs als Stand-Alone zu verstehen. Vielmehr stellt er ähnlich wie Marvel’s The Avengers eine Art Staffelfinale der Marvel-Filmreihe dar. The First Avenger: Civil War übernimmt somit die Aufgabe, die eigentlich Marvel’s The Avengers 2: Age of Ultron zufiel und erfüllt diese zur vollen Zufriedenheit des Zuschauers. Es werden Entwicklungen und Geschichten zahlreicher Charaktere nicht nur zu Ende geführt, sondern auch die Samen für künftige Geschichten gesät. Dabei gehen die Russo-Brüder allerdings weniger lieblos vor, als es Joss Whedon in Marvel’s The Avengers 2: Age of Ultron tat, sodass diese sich natürlich in die Geschichte integrieren.
Ebenso beweisen sie, dass ihre gek0nnte Inszenierung der Action in The Return of the First Avenger kein Zufall war. Besonders die große, zentrale Schlacht auf einem Flughafen zwischen den beiden zerstrittenen Seiten der Avengers gehört zu dem spektakulärsten, was Superheldenfilme seit 2014 geboten haben. Ein winziger Ant-Man fliegt auf Hawkeyes Pfeilen umher, Scarlet Witch schleudert mit Autos um sich und Neuzugang Spider-Man schwingt sich Sprüche klopfend durch Flughafenhallen.
Der Vergleich mit dem von Zack Snyder inszenierten, Ende März erschienenen, Batman v Superman: Dawn of Justice liegt nahe, haben beide Filme doch eine ähnliche Grundprämisse. Im Gegensatz zu Snyder schaffen es die Russo-Brüder, dem Zuschauer die Motivationen der Charaktere deutlich zu machen, ohne dabei klar eine richtige oder falsche Seite aufzuzeigen. Die große Schwäche von Batman v Superman: Dawn of Justice ist somit die große Stärke von The First Avenger: Civil War.
The First Avenger: Civil War ist der perfekte Marvel-Film. Damit ist keineswegs gemeint, dass er das Niveau etwa eines The Dark Knight erreicht. Bezogen aber auf die klassische, bekannte Formel, nach der die meisten Marvel-Filme funktionieren, reizen die Regisseure das Potential voll aus. Leider zeigen sie gleichzeitig auch keinerlei Anspruch, den Film besonders innovativ zu gestalten.
Wer die von Disney produzierten Marvel-Streifen mag, wird The First Avenger: Civil War somit als einen der handwerklich Besten, epischsten und differenziertesten Teile der Reihe lieben. Wer ihnen bisher nichts abgewinnen konnte, den wird auch dieser nicht umstimmen, bekommt man doch wieder einmal fast nur Altbekanntes geboten.
Beitragsbild: Pressematerial zu „The First Avenger: Civil War“ ©Marvel 2016