IKFF: Tag 3 (Deutscher Wettbewerb 2)
Der dritte Tag des Festivals beinhaltete einen typisch hamburgerischen, regnerischen Heimweg und die erste Berührung mit den diesjährigen deutschen Kurzfilmen. Wer nun verstört an die zahlreichen schlechten deutschen Kinofilme aus diesem Jahr denkt (wir erinnern uns besonders ‚gern‘ an Frauen oder Gut zu Vögeln), dem sei gesagt: In der Kurzfilmwelt hat Deutschland wesentlich mehr zu bieten.
Copy Complete // Von Maria Auerbach // Deutschland 2015 // 08:23
Maria Auerbach, die anderthalb Jahre an Copy Complete arbeitete präsentiert in ihrem Werk die Darstellung des Computers im Film. Die jüngste Filmausschnitte stammen aus den 70ern, die ältesten aus den späten 90ern. Um ihre Collage zu schaffen, sichtete die Regisseurin über 250 Filme, von denen sie schließlich nur etwa 70 für Ausschnitte nutzte.
Mit Copy Complete gelingt es ihr, die Magie einzufangen die den Computer in der betrachteten Epoche umgab, in welcher er für viele noch ein Mysterium war. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass man Collagen dieser Art schon zu Hauf etwa auf YouTube sah, auch, wenn es sich bei Copy Complete zugegebenermaßen um einen der qualitativ hochwertigsten Vertreter seiner Gattung handelt.
3/6
Schicht // Von Alex Gerbaulet // Deutschland 2015 // 28:30
In diesem sehr persönlichen Film verbindet Regisseurin und Drehbuchautorin Alex Gerbaulot das Porträt der eigenen Familie mit dem der Industriestadt Salzgitter. Die Wechselwirkung zwischen großer und kleiner Geschichtsschreibung und die bewegte, nicht eindimensional zu betrachtende Vergangenheit von beidem, beides schafft Gerbaulet darzustellen. Hierfür nutzt sie eine Vielfalt von Materialien: Aufnahmen ihres Vaters beim Joggen mit seinem Hund, Bilder aus Familien- und Stadtarchiv, Landschaftsaufnahmen, Voice-over Erzählung.
Was leicht ein wildes Durcheinander hätte werden können, greift in Schicht wunderbar ineinander, trotzdem kommt der Film um einige wenige Längen nicht herum. Dass er so gut funktioniert, wie er es tut, verdankt er wohl dem Talent von Alex Gerbaulet.
4/6
Captive Horizon // Von Lukas Marxt // Deutschland 2015 // 14:00
Ganz nah dran oder ganz weit weg? Bewusst spielt Lukas Marxt in Captive Horizon mit der Wahrnehmung des Zuschauers. Langsam fährt die Kamera über die auf Lanzarote aufgenommene Landschaft und nie ist man sich sicher, wie weit man nun über der Oberfläche der Erde schwebt. Dabei entfalten die Bilder eine faszinierend meditative Wirkung, die wohl dem träumenden Blicken auf den Boden oder in den Himmel beim Spazierengehen am nähesten kommt. Gegen Ende des Films durchbricht Marxt die Entspannung des Zuschauers gleich mehrfach, etwa mit einem künstlich gesetzten Schatten, der die empfundenen Größenverhältnisse über den Haufen wirft und den Zuschauer so endgültig dazu auffordert, das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung aufzugeben.
Ohne Handlung, Dialoge oder irgendetwas Lebendiges schafft es der Regisseur, den Zuschauer zu fesseln und ihn erfahren zu lassen, was nur das Kino ihn erfahren lassen kann.
5/6
The Burden of Proof // Von Stefan Kessissoglou // Deutschland 2015 // 33:00
Zwei Asylsuchende in Tschechien. Beide ohne Papiere und ohne Beweise, die ihre Fluchtgründe belegen. Wie ist mit ihnen umzugehen? Bei wem liegt die Beweislast (engl. = Burden of Proof)? Müssen sie belegen, dass sie die Wahrheit sagen, oder der Staat beweisen, dass sie lügen?
Sehr schnell bezieht Stefan Kessissoglou in seinem Film Stellung, sodass dessen Inhalt sich schnell repetitiv anfühlt. Dank der natürlichen Emotionalität und der eindringlichen Schilderungen der beiden Flüchtlinge schafft er es dennoch, den Zuschauer an die Leinwand zu binden. Kessissoglou behandelt ein wichtiges Thema, zu dem sein Film jedoch nichts Neues beizutragen hat.
3/6
Vor den Wettbewerbsbeiträgen wurde der heutige von Dustin Grella animierte Kurzfilm gezeigt. Dieser inszenierte den Anruf einer nicht ganz unbekannten Person (zum Video geht es hier). Wer Grella selbst aufs Band sprechen möchte, in der Hoffnung, dass die eigene Nachricht von ihm animiert wird, hat unter folgender Telefonnummer die Möglichkeit dies zu tun:
+49 (40) 79769147