Apollo 13
Apollo 13 (1995)
In meinem Weltraumfilmranking befindet sich „Apollo 13“ auf einer Ebene mit „Gravity“. „Gravity“ ist ein Film mit einem Metascore von 96. Man würde meinen, dass das kein schlechtes Rating für Apollo 13 sei. Aber nein, ich mag „Gravity“ nicht besonders. Ich werde zur Begründung meiner Kritik einen Vergleich anbringen, welcher einigen Lesern nicht so recht gefallen wird. Es geht um ein Gefühl, das ich (gerne) mit Weltraumfilmen verbinde(n würde). Es lässt sich am besten beschreiben als eine gewisse Ehrfurcht gepaart mit einer unglaublichen Begeisterung – es geht um das gebannt-auf-den-Bildschirm-Starren, weil die präsentierten Bilder eine Größe zu besitzen scheinen, die unsere eigenen Wünsche, Träume und Sorgen in den Schatten stellt. Ich liebe die Wissenschaft, bin begeistert von der Physik und finde darin eine Quelle der Inspiration und Neugier.
Tatsächlich bestünde wohl Konsens, wäre die Rede von „2001: A Space Odyssey“. Dabei handelt es sich wahrlich und unbestritten um ein alleinstehendes Meisterwerk, das seines Gleichen sucht. Meine Lobeshymnen muss ich nicht weiter ausführen, denn dieser Film erhält – zu Recht – viel Liebe und ich danke Stanley Kubrick jeden Tag für diese unvergleichliche Erfahrung. Nein, die Rede ist von Christopher Nolans „Interstellar“. Ich entschuldige mich jetzt schon bei den Personen, die diesen Vergleich für unangebracht halten, und ich denke auch, dass ein Gleichnis von der gewaltigen, künstlerischen Schöpfung von „2001: A Space Odyssey“ und dem Streifen von Nolan einfach falsch wäre. Nichtsdestotrotz, da der Wert von „2001: A Space Odyssey“ unerreicht ist, handelt es sich bei einem Vergleich von „Interstellar“ und „Apollo 13“ zumindest um einen realistischeren Vergleich.
Immerhin: „Interstellar“ habe ich bereits zweimal gesehen, und ich hatte dieses beschriebene Gefühl sowohl im Kino als auch vor einem kleinen Fernseher erlebt. Und genau dieses Gefühl, so hoffte ich, würde ich in anderen Weltraumstreifen ebenfalls erleben dürfen. „Gravity“ begeisterte dabei mit beeindruckenden Spezialeffekten und scheiterte zugleich mit einer ernüchternden Präsentation des typischen George Clooneys. „Apollo 13“ hat meiner Ansicht nach mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.
Über die Spezialeffekte von „Apollo 13“ möchte ich nicht weiter sprechen, denn dazu existieren wahrscheinlich bereits ausreichend viele Ausführungen – dies betrifft natürlich ebenfalls die handwerkliche Qualität des Filmes. Alles scheint einwandfrei und (zu) glatt geschliffen zu sein. Der wesentliche Teil des Filmes spielt in der relativ kleinen, isolierten Raumkapsel und die Bewältigung eines lebensbedrohlichen Problems bietet natürlich immer Stoff für Spannung. Ich kannte die Geschichte der Apollo 13 nicht und so wusste ich nicht einmal wie der Film enden würde – aber irgendwie, vielleicht weil es zu viele Hinweise gab und sich der Film ganz in der Tradition eines typischen Hollywoodfilmes entwickelt hatte, wusste ich: Alles würde gut gehen. Zwischendurch kommt noch einmal ein Twist, irgendetwas fällt aus, oder funktioniert nicht wie gewollt, um die Spannung noch einmal auf Höhen zu treiben. Außerdem: Während „Gravity“ meinen Protoclooney als einen der Protagonisten präsentiert, bedient sich „Apollo 13“ dem Proto90erfilm, was sich unglücklicherweise in Witz, Sprache und Form äußert.
Der Film nutzt eine typische dramaturgische Struktur um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu halten und um für spannende Momente zu sorgen und erreicht jenes dadurch im hohen Maße und wird damit das gemeine Publikum zufrieden stellen. Es ist jedoch kein besonderes Gefühl der Spannung – sondern eins, das schlicht mit der Idee in Verbindung steht, dass das Kommende ungewiss ist und es schlecht enden könnte. Das Konzept des Mitfühlens würde ich dabei nicht anbringen, denn zum Mitfühlen bräuchte es Charaktere, mit welchen man sich identifizieren könnte – dafür sind sie jedoch zu einfach gestrickt. Damit allein ist „Apollo 13“ nicht in der Lage, das von mir beschriebene Gefühl zu erzeugen. Im Prinzip geht es darum, dass der kreative Funke fehlt. Von den Dialogen, über die dramaturgische Struktur und den verschiedenen Charakteren wirkt zwar alles wie aus einem Guss und arbeitet harmonisch zusammen um ein konsistentes Gesamtwerk zu erschaffen aber der Guss ist eben langweilig: Es handelt sich um eine Standardmischung. Und meiner Ansicht nach steckt die Kreativität nicht in der bloßen handwerklich einwandfreien und fortschrittlichen Implementierung von Spezialeffekten.
Die Geschichte ist zwar zweifellos interessant, könnte jedoch auf einer emotionalen und charakterzeichnenden Ebene so viel mehr bieten, als in „Apollo 13“ umgesetzt wurde. Die Figuren sind letztendlich doch bloß Mittel zum Zweck, auch wenn es sich um Größen wie Tom Hanks und Kevin Bacon handelt – ich persönlich werde mich nicht an ihre Charaktere erinnern und sie höchstens als Beispiele dafür nutzen, wie sie eben nicht geschrieben werden sollten. Ich wünschte mir eines: Ecken und Kanten, die diesem Film etwas geben würden, woran sich die Gedanken klammern könnten. Etwas, was uns inspiriert und zum nachdenken bringt und etwas über das Gefühl der Spannung hinausgehendes. Ideen, die mehr als die visuelle und inhaltliche Präsentation einer Geschichte bieten und dem Film Tiefe verleihen. Ideen, über die man reden würde. Ideen, die inspirieren und letztendlich für die Leidenschaft sprechen, etwas Neues in die Welt zu bringen. Stattdessen handelt es sich um einen Abklatsch wahrlich inspirierender Ereignisse der Geschichte der Menschheit und dem Fortschritt der Wissenschaft.
Wahrscheinlich hat man vor Apollo 13 derartiges noch nie gesehen! Aber erlebt: Sicherlich. Und ich möchte etwas Einzigartiges erleben, wenn ich einen Film sehe. Was dieser Film künstlerisch in die Welt gebracht hat, lässt sich auf die beeindruckenden Spezialeffekte reduzieren. Klar, einige Bilder werden dadurch zu einer Pracht. Aber wenn ein Film lediglich auf diesem Fundament steht, ist das nicht nur bedenklich, sondern letztendlich auch nichts weiter als bloße Unterhaltung.
Bild: Aus „Apollo 13“, © Universal City Studios Inc, 1995