Arlo & Spot

Arlo & Spot (2015)
Die Prämisse des neuesten Films der Pixar Animation Studios ist schnell erzählt: Der Meteorit, der vor 65 Millionen Jahren das Dasein der Dinosaurier auf der Erde jäh beendete, verfehlt den Planeten um ein paar tausend Kilometer. Die Dinosaurier überleben.

In dieser fiktiven Welt hat Arlo es nicht leicht. Zusammen mit seinen Geschwistern wächst der kleine Apatosaurus auf der Maisfarm seiner Eltern auf. Doch während sein Bruder Buck und seine Schwester Libby die Farmarbeiten mit Bravour meistern und ihre Fußstapfen buchstäblich neben denen ihrer Eltern auf einem Getreidespeicher verewigen dürfen, bleibt der ungeschickte und ängstliche Arlo ein mutloser Außenseiter. Arlos Chance, sich endlich zu beweisen, scheint gekommen, als sein Vater Henry ihm die Aufgabe überträgt, einen mysteriösen Schädling zu fangen, der sich nachts über die Ernte im Speicher hermacht…

Die Produktion dieses neusten Streifen des renommierten Pixar Studios gestaltete sich ähnlich holprig wie das Aufwachsen der Hauptfigur seiner Geschichte. War das Release ursprünglich für November 2013 angekündigt, wurde der Film zunächst auf Mai 2014 verschoben, um nun Ende 2015 schließlich nach einem Wechsel auf dem Regiestuhl und einem Austausch fast des gesamten Casts (nur Frances McDormand als Mutter Ida und Jeffrey Wright als Vater Henry blieben dem Projekt erhalten) in den USA und Europa fast zeitgleich in die Kinos zu kommen. Grund für die Verzögerungen und Personalwechsel sollen in erster Linie Probleme in der Plotkonstruktion gewesen sein. Doch wie so oft können auch hier leider umfassende Umbauarbeiten das Projekt nicht ganz retten.

Was die Verantwortlichen bei Pixar hier vorlegen, ist der erste echte Kinderfilm des Studios. Das mag angesichts von Produktionen wie „Findet Nemo“, „Toy Story“ oder „Cars“ paradox erscheinen, doch „Arlo und Spot“ ist im Gegensatz anderen Pixarfilmen fast ausschließlich darauf ausgelegt, Kindern zu gefallen. Das betrifft einerseits den Humor des Films, der nur sehr selten mit pixartypischen Wortspielen daherkommt und sich hauptsächlich auf kindgerechten Slapstick zurückzieht und andererseits auch die Motive des Films, die so plakativ präsentiert werden, dass auch die kleinen Zuschauer sie jederzeit verstehen. Der Versuch, sowohl das erwachsene als auch das junge Publikum gleichermaßen ansprechen, eine Gratwanderung, auf die sich Pixar sonst so meisterhaft versteht, gelingt hier leider nicht. Für den erwachsenen Zuschauer ist die Geschichte allzu vorhersehbar, dazu gesellt sich das Gefühl, einzelne Szenen so oder so ähnlich irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Ganze Abschnitte scheinen dem „Dschungelbuch“ oder vor allem „König der Löwen“ entnommen, die brillante Kombination aus Leichtigkeit und epischer Tiefe dieser übergroßen Vorbilder erreicht „Arlo und Spot“ dabei freilich nie.

Ein interessanter inszenatorischer Kniff ist die Idee, das Universum der überlebenden Dinosaurier in ein Westerngewand zu kleiden. Apatosaurier, die eine Farm in der Wildnis betreiben, Tyrannosaurier, die in der Steppe nachts um ein Lagerfeuer sitzen und Mundharmonika spielen, illustrieren, was in dieser Geschichte eigentlich erzählt wird: Eine Coming-of-Age-Story um einen kleinen Jungen und seinen Hund. Dass der kleine Junge hier ein Dinosaurier ist und der Hund ein kleiner Mensch, verkommt im Verlauf der Geschichte fast zur Nebensächlichkeit. Der folklorische Soundtrack, der streckenweise an das Hauptthema aus „Der Herr der Ringe“ erinnert, unterstreicht diesen Eindruck.

Beeindruckend ist die visuelle Darstellung des Films, die Trickfilmtechnik scheint trotz der bemerkenswerten Optik von Filmen wie „Wall-E“ oder „Brave“ noch einmal einen entscheidenden Sprung nach vorne getan zu haben. Besonders faszinierend ist die fast fotorealistische Darstellung der Naturaufnahmen, die im Kontrast stehen zu den comichaft angelegten Charakterdarstellungen. Tatsächlich ist „Arlo und Spot“ so einer der wenigen Filme der jüngeren Vergangenheit, die den Aufpreis für eine 3D-Vorstellung rechtfertigen.

„Arlo und Spot“ ist ein technisch beeindruckender Kinderfilm, der erzählerisch nie die Ambivalenz und Subtilität der ganz großen Meisterwerke aus dem Hause Pixar erreicht.
3 von 5

 

Bild: Aus „Arlo & Spot“, © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany , 2015

Von D. Mellem

 

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