Cold War – Der Breitengrad der Liebe

Im Jahr 2007 gewann mit Das Leben der Anderen ein deutscher Film den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film. Regie führte Florian Henckel von Donnersmark. Für die Entscheider scheint dies Grund genug zu sein, dessen neuen Film Werk ohne Autor dieses Jahr als deutschen Beitrag in der Kategorie einzureichen. Man kann darüber streiten, ob dies eine richtige oder falsche Wahl ist, nachvollziehbar ist sie definitiv. Wessen Film einmal den Oscar gewinnt, dessen nächster muss auch gute Chancen haben, scheint man zu denken. In Polen folgt man offensichtlich einer ähnlichen Logik. Nachdem der von Pawel Pawlikowski inszenierte Film Ida 2015 den Oscar als Bester fremdsprachiger Film gewann, soll nun dessen nächstes Werk Cold War – Der Breitengrad der Liebe in diesem Jahr für Polen antreten. Im Gegensatz zu Donnersmark beweist Pawlikowski jedoch, dass er die erneute Nominierung definitiv verdient hätte.

Inhalt

Cold War erzählt die Geschichte Wiktor und Zula. Er ist begabter Komponist und Leiter eines Tanz- und Musik-Ensembles. Sie ist Sängerin, die als Studentin in eben dieses Ensemble aufgenommen wird. Schon bei ihrer ersten Begegnung, als Zula vorsingt, um im Ensemble aufgenommen zu werden, merkt der Zuschauer die Spannung zwischen den beiden Charakteren. Doch so sehr die beiden ohne einander nicht leben können, so wenig können sie miteinander. Was zunächst wie ein beliebiger Romantikfilm aus Hollywood klingen mag, ist viel mehr als das. Statt den Film mit den im Genre so beliebten komödiantischen Momenten aufzulockern, bleibt er durchweg ernst und tragisch.

Pawlikowksi, der auch das Drehbuch verfasste, erzählt die Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, hinweg über Jahre und Länder. Episodenhaft inszeniert der Regisseur abwechselnd Abschnitte in den Zula und Wiktor zueinander finden oder sich zerstreiten, manchmal gar beides. Schnell wird deutlich, dass nicht allein die äußeren Umstände – Er flüchtet in den Westen, sie bleibt in der UDSSR, Ursprung der Konflikte des Paares sind. Sie selbst als Charaktere, natürlich geformt durch ihre Lebensumstände, sind es, die oft diesen entfachen. Ebenso wird jedoch die brennende Leidenschaft und Liebe zwischen ihnen deutlich, welche es ihnen unmöglich macht, ein neues Leben ohne den jeweils anderen zu beginnen.

Die Leidenschaft der Darsteller

Tomasz Kot als Wiktor und Joanna Kulig, die bereits in Ida eine Sängerin verkörperte, gelingt es, diese ambivalente Gefühlslage darzustellen. Zwar suhlen sie sich stellenweise zu sehr im eigenen Leiden, doch wird dies größtenteils durch die höchst authentischen Liebeleien der beiden aufgefangen. Auch, wenn die Lebenswege der beiden Charaktere längere Zeit auseinanderdriften, zieht bereits der erste Blickkontakt beim Wiedersehen die Liebenden zurück in ihre alte Beziehung. Dies hat neben Kuligs und Kots überzeugender Chemie noch einen weiteren Grund. Zwischen die oben beschriebenen einzelnen Kapitel des Films setzt Pawlikowski immer einige Sekunden der absoluten Stille und Dunkelheit. Zwar verdeutlichen und verstärken sie den deprimierenden Eindruck, den Cold War hinterlässt. Andererseits tragen sie dazu bei, das stete erneute Aufflammen der Leidenschaft glaubwürdig zu gestalten. Nach der Dunkelheit fährt der Film ohne Exposition an einer anderen Stelle der Geschichte fort. So ist dem Zuschauer die liebende Vergangenheit von Wiktor und Zula stets präsent.

Die Tragik des Schwarz-Weiß

Wie schon in Ida entschied Pawel Pawlikowski sich bei Cold War – Der Breitengrad der Liebe auf das heute ungewöhnliche Academy-Bildformat mit einem Seitenverhältnis von 4 zu 3 zurückzugreifen. Während dies laut Eigenaussage des Regisseurs eher gewohnheitsmäßige Gründe hat, war die erneute Entscheidung, den Film in schwarz-weiß eine unfreiwillige. Zwar wurde Cold War ursprünglich als Farbfilm angelegt, doch fand man keine passende Farbgebung, um die dargestellte Epoche glaubwürdig abzubilden. Die Farbleere der Bilder verstärkt die Tragik der Handlung, selbst in Paris, wo Pawlikowki den Kontrast noch einmal erhöht. Je heller das Weiß strahlt, desto dunkler wird die Schwärze. Form und Inhalt des Filmes greifen hier hervorragend ineinander, trotzdem erstere, zumindest diesen Aspekt betreffend, nur aufgrund mangelnder Alternativen gewählt wurde.

Fazit

Anders als eine kurze Zusammenfassung des Inhaltes vermuten ließe, handelt es sich bei Cold War nicht um eine romantische Komödie. Anders als der schlecht gewählte deutsche Untertitel Der Breitengrad der Liebe vermuten lässt, handelt es sich auch nicht um ein Liebesfilm im Stile derer, welche man regelmäßig im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zur besten Sendezeit bewundern darf. Cold War – Der Breitengrad der Liebe ist ein Liebesdrama, welches dem Zuschauer 89 Minuten lang ungeschönt die Tragik einer zum Scheitern verurteilten Beziehung vor Augen vor dem Hintergrund des Kalten Krieges vor Augen führt.

 

Ab dem 22.11. im Kino

 

Beitragsbild: © Neue Visionen Filmverleih