Der Staat gegen Fritz Bauer

Der Staat gegen Fritz Bauer ist ein Superheldenfilm

Ganz kurz: In diesem Film geht es um Fritz Bauers entscheidenden Verdiensten als Generalstaatsanwalt um die Ergreifung des Nazis Adolf Eichmann im Jahre 1957. Seit Jahren ist er hinter den Drahtziehern der grausamsten Geschehnisse unserer Geschichte her – doch jetzt hat er einen entscheidenden Hinweis erhalten: Eine Person meint, Adolf Eichmann in Argentinien gesichtet zu haben! Bauer nutzt seine Kräfte gegen den bösen und korrupten Staat, welcher eine entsprechende Aufklärung der dunkelsten Zeiten unserer Nation verhindern möchte.

Fritz Bauer möchte Aufklärung, die Täter endlich vor Gericht bringen und die jungen Menschen Deutschlands wecken. Die Mörder sind immer noch unter uns! Der junge Anwalt Lars Kraume unterstützt ihn mit aller Kraft beim Kampf für die Gerechtigkeit und opfert sogar seine persönliche Freiheit. Fritz Bauer begeht rechtlich Staatsverrat, indem er einen ausländischen Nachrichtendienst um Hilfe bittet. Eichmann wird in Israel gehängt: Die Deutschen wollen zum Schutz der Stabilität des eigenen Staatsapparates keinen Prozess. Denn in den Reihen der Führenden befinden sich Personen, die durch Aussagen Eichmanns belastet werden würden. Letztendlich kann sein wesentlicher Beitrag bei der Ergreifung erst posthum aufgeklärt und öffentlich gemacht werden.

Dieser Film behandelt einen in der populären Kunst wenig berücksichtigten Zeitraum unserer Geschichte und möchte auf Helden aufmerksam machen. Ein kurzer Ausschnitt am Anfang des Filmes aus einer realen Rede der interessanten und rhetorisch auffälligen Person Fritz Bauer mit einem Appell an die Welt zeigt einen faszinierenden, lebendigen Menschen – voller Energie und Kraft. Tatsächlich ist Schauspieler Burghart Klaußner in der Lage etwas derartiges Spezielles zu verkörpern. Er trifft das, was die wahre Person ausmacht, jedoch nicht auf den Punkt. Kleine Abweichungen und etwas stärkeres Lallen nehmen jedoch letztendlich die Kraft und lassen die Person gebrechlicher wirken. Dies grenzt an eine karikaturistische Darstellung der Person.

Während der historische Hintergrund sicherlich interessant ist, deuten die Darstellungen im Film eher auf einen fiktiven Superheldenfilm hin. Dies ist in aller Deutlichkeit herauszustellen, da diese Thematik dazu verleitet das Gesprochene mitleidig als realistisch aufzunehmen. Ein zweiter Blick verrät dem Muttersprachler jedoch sofort: So sprechen keine Menschen in diesen Positionen. Die Dialoge sind sehr einfach und platt geschrieben. Aber das macht noch keinen Superheldenfilm aus, eher einen grundsätzlich schlechten Film. Viel wesentlicher trägt die Zeichnung der Charaktere zur Problematik bei: Auf der einen Seite befinden sich Fritz Bauer und der junge, schwule und vaterwerdende Anwalt Karl Angermann (Ronald Zehrfeld), auf der anderen Seite befinden sich Personen des BKA, BND und der eigenen Abteilung, die mit aller Deutlichkeit gegen unsere beiden Protagonisten arbeiten. Die Schwarzweißmalerei erstickt den Film und lässt ihn unglaubwürdig wirken.

Dramaturgisch scheint der eigentlich interessante Inhalt nicht genug zu bieten, um dem Film am Leben zu erhalten. Während die Intrigen und die Darstellung der Person Fritz Bauer in den ersten dreißig Minuten geeignet sind, um Spannung aufzubauen, gibt es keine weiteren Punkte die die Aufmerksamkeit des Zuschauers über die weiteren Strecken des Films halten könnten. Der Umgang mit der Homosexualität des jungen Anwalt Karls ist meiner Ansicht nach jedoch weitgehend gelungen. Dass seine Unvorsichtigkeit im Umgang mit seiner damals rechtlich verbotenen Auslebung der sexuellen Wünsche letztendlich zum Problem wird ist meilenweit vorauszusehen. Die Macher haben sich bei der Darstellung jedoch etwas getraut und setzen den Film damit von der Masse von durchkalkulierten und uninteressanten Filmen ab, wozu die grundsätzlich exotische und historisch wichtige Thematik zusätzlich wesentlich beiträgt.

Es war eine riskante Entscheidung des Regisseurs Lars Kraume und des Produzenten Thomas Kufus das Leben des eher unbekannten Fritz Bauers kommerziell auf die Leinwand zu bringen. Leider ist der Regisseur nicht in der Lage, eine differenzierte Darstellung der Geschehnisse zu präsentieren und zeichnet stattdessen einfache Helden und Gegenspieler, was einer glaubwürdigen, historischen und intellektuellen Auseinandersetzung nicht gerecht werden kann. Wahrscheinlich bietet diese Epoche seines Lebens keinen Stoff für einen Spielfilm. Zumindest nicht in den Händen einer Person, die offensichtlich nicht mit künstlerischen Mitteln zu begeistern weiß und in dieser Hinsicht einige falsche Entscheidungen getroffen hat.

Bild aus: „“ZDF-History: Mörder unter uns – Fritz Bauers einsamer Kampf“ © ZDF

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