The Northman

The Northman von Robert Eggers ist eine unglaublich rohe, blutige und gewalttätige Geschichte über Rache – visuell, sinnlich, emotional und episch erzählt. Bereits in Werken wie The Lighthouse oder The Witch brilliert der Regisseur mit seiner intensiven Erzählkunst: Geschichten, die in der cineastischen Präzision Eggers einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zeichnungen des Wahnsinns purer, ungeschliffener Emotionen.

In The Northman erinnert bereits der Name des Protagonisten an ein Werk von Shakespeare: Amleth. So wie Hamlet basiert The Northman auf der skandinavischen Amletus-Sage. Bereits in den ersten Szenen katapultieren tiefe, dramatische Stimmen uns in eine rohe Welt der kalten, nordischen Götter, der Sagen und ihrer Gewalt, naturnah, festgehalten auf einer riesigen Leinwand mit großen Naturschauplätzen. Faszinierend ist dabei, dass The Northman diesen epischen Raum nutzt, um einfachste, rohe, lineare Gefühle und Motive schier unendlich wachsen zu lassen und diese letztendlich in voller Intensität zur Eskalation zu bringen. Dies findet eine Entsprechung in der Handlung, welche einen Rachefeldzug von Amleth darstellt.

895 nach Christus. Die Saat der wahnsinnigen Rache wird bereits früh gepflanzt. Amleth (Alexander Skarsgard) durchlebt mit seinem Vater, Wikingerkönig Aurvandil (Ethan Hawke), ein Ritual, in dem er in einschüchternder Animalik in die Werte des Volkes eingeschworen wird und zum Mann werden soll.  Durch die Klinge des eigenen Bruders Fjölnir wird dem König Aurvandil das Leben genommen. Amleth kann fliehen, wächst zum brutalen, kampferprobten Berserker heran. In seinem Exil wiederholt er immer wieder denselben Schwur. Er will blutige Rache: „I will avenge you, father. I will save you, mother. I will kill you, Fjölnir.“ Dabei zeichnet Robert Eggers ein Menschenbild mit grober Animalik und rohen Werten der Ehre – die im Film selbst als solche reflektiert werden. Hier sind insbesondere Motive seiner Mutter, Königin Gudrún (Nicole Kidman) und Bruder Fjölnir interessant, die im krassen Kontrast zum simplen Amleth stehen. Rückbesinnung findet Eggers in diesem Ort der Vergangenheit in Ritualen mit den Toten, dem Glauben an Geister und Magie – sie sind so real wie Eisen und Blut, Knochen und Holz.

The Northman erinnert mit seiner historischen und dramaturgischen Farbpalette durchaus an Werke wie Game Of Thrones: konkurrierende Königreiche, Glaubensrichtungen, Mythologien und Interessen, Intrigen und Tabubrüche. Doch gegen die rohe Einfachheit von The Northman wirkt Game Of Thrones wie eine edle Schwester. The Northman hämmert jene Eindrücke ohne Rücksicht auf Verluste mit praller Gewalt in unsere Seelen und lässt uns in einer Schockstarre zurück. Eggers extrahiert mit The Northman die Essenz einer wahnsinnigen Rache, nutzt die Palette menschlicher Uremotionen und lenkt nicht mit komplizierten Verwirrungen jener ab. Hierbei wird The Northman zu einem intensiven Erlebnis – natürlich, wir sind viel komplizierter als das – doch letztendlich offenbart The Northman in der grandiosen Einfachheit der Emotionen einen tiefen Kern unserer selbst.

©Universal Pictures / Focus Features