X-Men: Apocalypse
Im Jahr 2000 legte Bryan Singer mit X-Men den Grundstein dessen, was wir heute als Superheldenfilm bezeichnen. Der von ihm gepflanzte Baum trug viele Früchte, wie etwa das Marvel Cinematic Universe oder auch die Dark Knight Trilogie. Drei Jahre später schuf Singer mit X-Men 2 einen der bis heute besten Vertreter des Genres und gab das Franchise anschließend aus den Händen. Nachdem dieses mit Brett Ratners X-Men – Der letzte Widerstand und X-Men Origins: Wolverine in den qualitativen Ruin getrieben wurde, schaffte es Matthew Vaughn, der Reihe mit X-Men: Erste Entscheidung neues Leben einzuhauchen. Es gelang ihm jedoch nicht vollends, an die finanziellen und qualitativen Höhen von X-Men und X-Men 2 heranzureichen. So kehrte Bryan Singer 2014 mit X-Men: Zukunft ist Vergangenheit triumphal zurück. Nicht nur, dass dieser der finanziell erfolgreichste Film der gesamten Reihe war, es handelte sich auch um einen der besten Superheldenfilme aller Zeiten, der sowohl von Kritikern, als auch vom Publikum enorm gefeiert wurde. Die Ankündigung, dass Singer auch den nächsten Teil der Serie, X-Men: Apocalypse, inszenieren würde, löste bei mir somit große Begeisterung aus. Doch Singer hat enttäuscht.
X-Men: Apocalypse ist zwar weit davon entfernt, ein langweiliger Blockbuster zu sein, aber es handelt sich dennoch um den mit Abstand schwächsten der von ihm inszenierten X-Men-Streifen.
Es bereitet Freude, diesen Film zu sehen. Trotz all seiner Mängel und Schwächen, weiß er die ganze Zeit über, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu binden und bietet diesem dabei ein grundsolides Spektakel. Problematisch ist allerdings, dass er sich, noch mehr, als es schon X-Men: Zukunft ist Vergangenheit tat, wie ein Best Of der beliebten Filmreihe anfüllt. Magneto und Charles Xavier knallen dem jeweils anderen die altbekannten Phrasen um die Ohren, Quicksilvers spektakuläre Slow-Motion-Szene wird noch einmal etwas größer und spektakulärer inszeniert, William Stryker jagt immer noch Mutanten und hält den erinnerungslosen Wolverine gefangen. Letztendlich macht sich das Gefühl breit, Bryan Singer hätte alles mit dem Franchise ausgesagt und gezeigt, was er wollte und möchte dies nun noch einmal gebündelt dem Zuschauer präsentieren.
Dennoch hätte der Film ein zwar wenig innovativer, aber dennoch stark unterhaltsamer Teil der X-Men Reihe werden können. Leider jedoch weist X-Men Apocalypse eine ganze Reihe weiterer Schwächen auf: Das von Simon Kinberg geschriebene Drehbuch (der auch für X-Men: Zukunft ist Vergangenheit und das desaströse Fantastic Four verantwortlich war) ist an vielen Stellen unfreiwillig komisch. Der große Endkampf der X-Men gegen Apocalypse entpuppt sich, abseits weniger vereinzelter Momente, als gewichtslose CGI-Schlacht, die nicht einmal durch animationstechnische Perfektion glänzen kann. Die einzelnen Handlungfäden und Charakterentwicklungen (sofern einem Charakter in diesem Film denn eine vergönnt ist), greifen am Ende nicht flüssig ineinander oder aber sie sind sehr einfach und vorhersehbar gehalten.
All dem zum Trotz lassen sich in X-Men: Apocalypse großartige Momente finden. Wenn Quicksilver etwa die Bewohner der gerade explodierenden X-Mansion zum Klang von Eurythmics‘ ‚Sweet Dreams‘ aus dieser befreit oder Apocalypse sämtliche Atomraketen der Supermächte im All verschwinden lässt, während im Hintergrund Beethovens 7. Symphonie zu hören ist.
Alles in Allem enttäuscht X-Men: Apocalypse, erweist sich aber entgegen erster internationaler Kritiken nicht als Desaster. Wer sich nach durchschnittlichem Popcornkino mit einigen unerwartet guten Szenen sehnt, der wird zufrieden den Kinosaal verlassen. Wer X-Men: Erste Entscheidung und X-Men: Zukunft ist Vergangenheit mochte, ebenso. Wer jedoch nach dem horrenden Batman v Superman und dem guten The First Avenger: Civil War erst einmal genug von Superheldenfilmen hat, der sollte für diesen Teil der Mutanten-Saga nicht das Haus verlassen.
Beitragsbild: Szenenbild aus „X-Men: Apocalypse“ © 2016 Twentieth Century Fox