The Big Sick

Das Liebesdrama gehört seit Beginn des Mediums zu den sicherlich beliebtesten und erfolgreichsten Filmgenres. Man denke dabei nur an Filme wie Titanic (1997), Vom Winde verweht (1939) oder Doktor Schiwago (1965). Seit jeher plagt das Genre jedoch ein Problem: Der Hang zum Kitsch. 

Ähnlich wie mit dem Jumpscare in Horrorfilmen verhält es sich mit kitschigen Szenen in Liebesfilmen. Sie lösen auf die billigst mögliche Art und Weise eine Reaktion beim Zuschauer aus, für die sich dieser anschließend fast schämen möchte. Beispielhaft seien hier die Verfilmungen zahlreicher Bücher von Nicholas Sparks genannt. Etwa The Choice (2016) oder das maßlos überschätzte Wie ein einziger Tag (2004), die vor plumper, affektierter Emotion nahezu triefen.  

Umso erfreulicher ist es jedoch, wenn ein Film über weite Strecken auf Kitsch verzichtet und stattdessen echte, authentische Emotionen präsentiert und im Zuschauer weckt.  

The Big Sick gelingt dies, indem der Film die Klischees und Überzeichnungen nur auf wenige Nebencharaktere auslagert und so die beiden Protagonisten echte Menschen werden lässt. Dies ist auch dem semiautobiographischen Drehbuch zu verdanken. Kumail Nanjiana, der sich im Film selbst darstellt, schrieb dieses zusammen mit seiner Frau Emily V. Gordon. Der an diese angelehnte Charakter Emily Gardner wird von Zoe Kazan mit ähnlicher Hingabe verkörpert, wie Kumail von sich selbst. 

Der aufblühenden Liebesbeziehung von Emily und Kumail, zu Beginn des Films erfolgloser Standup-Comedian und Uberfahrer, werden, wie zu erwarten, einige kleinere und größere Stolpersteine in den Weg gelegt.  

So verschiebt sich der Fokus des Films aufgrund eines dieser Stolpersteine in der zweiten Hälfte weg von der Beziehung zwischen Emily und Kumail hin zu den Beziehungen von Kumail zu seinen und Emilys Eltern. Vor allem letztere gewinnen hierdurch an Mehrdimensionalität und Menschlichkeit. Speziell der Vater Emilys, welchen der Zuschauer im Moment der ersten Begegnung für einen einfältigen, gutmütigen Naivling halten mag, enthüllt im Gespräch mit Kumail Aspekte seiner Persönlichkeit, die den geborene Pakistani ebenso überraschen, wie den Zuschauer selbst. 

Kumails eigene Eltern bleiben jedoch größtenteils eindimensional und dienen im Film als Comedy Reliefs. Zwar deutet der Film auch hier eine Vielschichtigkeit an, opfert diese doch immer wieder der Komik. Diese allerdings funktioniert wunderbar. Es ist kurios zu sehenm, wie Kumails Mutter Mahl um Mahl neue potentielle pakistanische Ehefrauen für ihn zum Abendessen einlädt und verzweifelt versucht ihren Sohn an eine solche Pakistani zu verheiraten. 

Das sehr konstruierte Ende, das offensichtlicherweise einem Drehbuch und nicht der Realität entspringt, beißt sich mit der präzisen, wenn auch teilweise überspitzten Erfassung der Wirklichkeit, welche die große Stärke des Filmes darstellt. Hierdurch erreicht der Film nie die qualitativen und emotionalen Höhen eines Before Sunrise (1995) ist jedoch aufgrund seiner komödiantischen Elemente wesentlich zugänglicher gestaltet als vergleichbare Filme. 

Der Film scheitert nur in den wenigen Momenten, in welchen er seine eigenen Stärken vergisst: 

Komik statt Kitsch, Authentizität statt Klischees. 

 

The Big Sick ist ab dem 23. März auf DVD/Bluray erhältlich.

 

Beitragsbild: Entnommen aus dem Trailer zu „The Big Sick“ © Weltkino Filmverleih GmbH

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