Oscar-Kandidaten 2016: Mad Max: Fury Road
Dieser Kinosommer war geprägt von mittelmäßigen Fortsetzungen. Sei es Terminator Genisys, Jurassic World oder Avengers: Age of Ultron, keiner der Blockbuster konnte vollends überzeugen. Zu generisch wirkten sie, zu uninspiriert. Stets machte sich das Gefühl breit, man hätte all dies bereits gesehen, Neues wurde nicht geboten. Aus diesem belanglosen Blockbuster-Einheitsbrei stach jedoch ein Film hervor:
Mad Max: Fury Road.
Nachdem ich ihn im Mai diesen Jahres sah, war ich begeistert (die Kritik findet ihr hier) und der festen Überzeugung, dass er eine Reihe von Oscarnominierungen verdiente. Aufgrund der herausragenden Kritiken die er bekam, fühlte ich mich in meiner Meinung bestätigt. Ich hielt es jedoch für unwahrscheinlich, dass der Film bei der Oscarverleihung eine Rolle spielen würde. Zu sehr wich er vom gewöhnlichen „Oscar-Film“ ab. Allenfalls als Außenseiter würde er eine Rolle spielen, so dachte ich.
Wie schon in meiner Besprechung der Golden Globe-Nominierungen erwähnt, änderte sich jedoch durch diese die Situation:
Mit einem Schlag trat Mad Max: Fury Road als ernstzunehmender Oscarkandidat auf die Bühne. Es folgten zahlreiche Gewinne und Nominierungen bei viele Kritikerauszeichnungen, bei denen vor allem auch Regisseur George Miller kräftig abräumte. Auch in der Kategorie Best Picture wurden einige Siege errungen, so z.B. bei den BOFCA-Awards und den CFCA-Awads.
Aufgrund der rasanten Geschwindigkeit, mit der Mad Max: Fury Road im Oscarrennen an Momentum gewinnt, kann durchaus davon ausgegangen werden, dass er nach Bekanntgabe der Oscarnominierungen am 14. Januar 2016 der Film mit den meisten Nominierungen sein wird.
Eine Einschätzung der Oscarchancen nach Kategorien:
Best Picture
Die Nominierung als Best Picture – Drama bei den Golden Globes kam für die Meisten komplett auch dem Nichts. Doch sie war nur der erste Hinweis darauf, wie hoch das Awardpotential von Mad Max: Fury Road tatsächlich ist.
Obgleich ich im Mai noch vermutete, Thematik und Welt des Films seien nicht ernst genug, um bei Verleihungen abzuräumen, wurde mir in den vergangenen Wochen von unterschiedlichen Kritikervereinigungen das Gegenteil bewiesen. Eine Nominierung in der Kategorie Best Picture scheint bei dem enormen Momentum, das Mad Max momentan hat, nahezu sicher. Bei einem Kommentar zur 88. Oscarverleihung ist das Erwähnen des Films mittlerweile unausweichlich. Dies allein lässt die Wahrscheinlichkeit einer Nominierung immer weiter ansteigen. Auch die Tatsache, dass der Film sich so sehr von der Masse üblicher Oscarkandidaten abhebt, wird ihm helfen, eine Nominierung zu erreichen.
Einen Sieg wiederum macht dies jedoch unwahrscheinlicher. Mad Max: Fury Road könnte sich als zu anders, zu abgedreht für die Academy erweisen. Ebenso wie schon bei Star Wars: Das Erwachen der Macht wird die Siegeswahrscehinlichkeit auch dadurch verringert, dass es sich bei dem Film um einen Nachfolger handelt. Erst zwei Sequels (Der Pate 2, Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs) schafften es in dieser Kategorie zu gewinnen. Bei Mad Max: Fury Road wiegt dieser Faktor jedoch weniger schwer, liegt das Erscheinen des Vorgängers schon 30 Jahre zurück. Fury Road ist mehr Reboot, als Fortsetzung.
Best Director: George Miller
Weniger überraschend und dennoch unerwartet war die Nominierung George Millers für den Golden Globe als Best Director. Genau wie sein Film gewann er im Oscarrennen seitdem immer mehr an Fahrt, angetrieben durch Nominierungen und Gewinne bei zahlreichen Awards. Millers großes Potential steckt, wie schon bei Richard Linklater, der vergangenes Jahr lange Zeit als Favorit galt, darin, wie offensichtlich herausragend die von ihm geleistete Regiearbeit ist. Während sich dies bei Linklater primär auf den Umstand der Produktion bezog, bezieht es sich bei Miller fast ausschließlich auf das entstandene Werk. Dies könnte ihm den entscheidenden Vorteil bringen und ihn schließlich sogar zum Sieg führen.
Darstellerische Kategorien
Die einzigen Darsteller, die für eine Nominierung überhaupt in Frage kämen sind Charlize Theron, Tom Hardy und Nicholas Hoult. Doch die Konkurrenz ist bereits zu groß. Als Mad Max: Fury Road als ernstzunehmender Oscarkandidat auf die Bildfläche trat, schienen die Plätze auf der Nominiertenliste bereits vergeben.
Einzig Theron mag den Hauch einer Chance haben, doch selbst eine Nominierung halte ich aufgrund der vielen anderen, bereits gesetzten Kandidaten, für unwahrscheinlich.
Production Design
Wer sich ein Making-Of zu Mad Max: Fury Road anschaut, kann nur begeistert sein. Mit wieviel Eifer und Liebe zum Detail die vielen im Film vorkommenden Autos zusammengeschraubt wurden, ist beachtlich. Abseits davon jedoch hat Mad Max: Fury Road bezüglich des Production Designs wenig zu bieten. Ob dieser eine, zugegebenermaßen beeindruckende Aspekt jedoch ausreicht, um sich gegen zahlreiche Historiendramen, sowie Star Wars und Der Marsianer durchzusetzen, ist fraglich.
Cinematography und Film Editing
Als furioser, aber dennoch erstaunlich übersichtlich inszenierter Actionfilm, bietet sich Mad Max: Fury Road für diese beiden Kategorien besonders an. Dem Zuschauer ist schnell bewusst, dass Kamera- und Schnittarbeit hier gelungen sind, so offensichtlich gut sind sie. Ein Vorteil im Oscarrennen, der auch aufgrund fehlender Konkurrenz mindestens für Nominierungen und möglicherweise auch für den Sieg reichen sollte.
Technische Kategorien (Sound Editing, Sound Mixing, Visual Effects)
Die nahtlose Verschmelzung von practical effects und CGI. Die heulenden Motoren. Die riesigen Sandstürme. Mad Max: Fury Road scheint prädestiniert, in allen technischen Kategorien nominiert zu werden. Der Sieg in Sound Editing und Sound Mixing scheint wahrscheinlich, bietet Mad Max dem Zuschauer doch ein offensichtliches und rundum gelungenes Klangspektakel.
Best Makeup and Hairstyling und Best Costume Design
Wie auch bei Star Wars: Das Erwachen der Macht fällt jedem, der Mad Max schaut, auf: Hier wurde reichlich mit Makeup und extravaganten Kostümen gearbeitet. Gute Voraussetzungen für Nominierungen, doch gerade diese beiden Kategorien hängen sehr vom generellen Momentum des Films ab. Je nachdem, wie sich dieses entwickelt, wird Mad Max: Fury Road hier triumphieren oder untergehen.
Original Score
Wie der Film selbst, so ist auch der Score von Mad Max: Fury Road ungewöhnlich. Er scheint gar nicht in die Reihe der gewöhnlich nominierten Werke zu passen und gerade dies macht eine Nominierung wahrscheinlich. Auch ist die Musik recht offensichtlich mit dem Film verbunden. Wer an den Film denkt, denkt auch direkt an den blinden Manischen, der voller Eifer in die Seiten seiner E-Gitarre haut, die gleichzeitig als Flammenwerfer dient. Eine gute Voraussetzung für einen Sieg, der jedoch letztendlich davon abhängen wird, wie sehr die Academy bereit ist, sich auf Mad Max: Fury Road einzulassen.
Bild: Aus „Mad Max: Fury Road“, © Warner Bros. Entertainment Inc., 2015