Werk ohne Autor – Kein würdiger Oscarkandidat!
Ab 03.10.2018 im Kino
Mit Werk ohne Autor präsentiert Florian Henckel von Donnersmark nach Das Leben der Anderen und The Tourist seinen dritten abendfüllenden Spielfilm. In dem Film inszeniert von Donnersmark das Leben des an Gerhard Richter angelehnten fiktiven Künstlers Kurt Barnert in der Zeit zwischen 1937 und den späten 1960er Jahren.
Eine von German Films berufene, unabhängige Jury entschied nun vor Kurzem, Werk ohne Autor zum deutschen Oscarkandidaten diesen Jahres zu machen. Eine Fehlentscheidung, findet unser Autor Jakob Mellem. Hier erklärt er, warum.
Ein Schauspielerensemble aus gestandenen Größen, Lieblingen des Feullitons und aufsteigenden Nachwuchsstars. Drei Zeitebenen. Zwei diktatorische Regime. Ein Weltkrieg. Die Essenz des Schaffensprozesses. Die Essenz der Kunst. All das presst Florian Henckel von Donnersmark in eine eigentlich epische Lauflänge von 188 Minuten. All das soll den Oscar, so findet die von German Films berufene Fachjury, wieder nach Deutschland holen.
Ähnlich mutlos, wie schon 2010, als man entschied, Lena Meyer-Landrut sollen nach ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest das “Wunder” noch einmal vollbringen, schickt man nun Werk ohne Autor ins Rennen um den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film. Florian Henckel von Donnersmark schaffte es ja bereits 2007 mit Das Leben der Anderen in dieser Kategorie zu triumphieren. Warum sollte dies nicht noch einmal funktionieren? Und trotzdem der Regisseur und Drehbuchautor mit aller Macht versucht seinem Film Gewicht zu verleihen, scheitert er.
Bevor ich erläutere, weshalb ich mir einen anderen Oscarkandidaten gewünscht hätte, muss betont werden, dass Werk ohne Autor kein schlechter Film ist. Die Verknüpfung der unterschiedlichen Zeitebenen funktioniert dank des direkten Aufzeigens zahlreicher Parallelen und Differenzen zwischen den verschiedenen Gesellschaften gut. Die gelungene Ausstattung und das Szenenbild tun ihr übriges und schaffen fruchtbaren Boden für das inszenierte Künstlerpotrait und das Erforschen des Schaffensprozesses. Doch hier beginnt das Problem: Auch der Lebensweg des Kurt Barnert wirkt eher wie der Hintergrund für etwas Anderes, Größeres. Doch auf dieses wartet der Zuschauer vergeblich.
Oscarpreisträger von Donnersmark überlädt seinen Film mit geschichtlichen Ereignissen und Ansätzen komplexer Konzepte. Zwar gelingt es ihm all dies miteinander zu verknüpfen, aber er erreicht dies nur durch sehr oberflächliches Vereinfachen und stellenweises Verkitschen der gezeigten Vorgänge. Eine im Film mehrfach angebrachte Erkenntnis über die nachträgliche Bedeutungszunahme des Nennens zufälliger Zahlen, sobald diese die Lottozahlen würden, hätte ich gerne in der Gestaltung des Films selbst wiedergefunden. Doch präsentiert wird hier eine Aneinanderreihung von Ereignissen aus dem Leben eines Künstlers zwischen denen konstruiert wirkende Kausalzusammenhänge hergestellt werden.
So bleibt der Werk ohne Autor erstaunlich identitätslos und wirkt wie ein Film, den man eigentlich aus Hollywood erwarten würde. Große Gefühle, große Themen, große Geschichten, aber wenig wirkliche Substanz. Die Nebencharaktere bleiben angesichts ihrer Eindimensionalität trotz starker Leistungen etwa von Paula Beer oder Sebastian Koch ebenso uninteressant wie der Hauptcharakter selbst. So schafft es von Donnersmark leider nur durch einige starke Bilder und die pure Fülle an Geschehnissen den Zuschauer durch den Film zu tragen. Ins nachhaltige Staunen oder Nachdenken versetzt er ihn nie. Für einen gelungenen Kinonachmittag mag dies ausreichen, doch von einem Oscarkandidaten erwarte ich mehr. Eine eigene Identität, etwas Neues, etwas Bedeutendes. Doch Werk ohne Autor ist ironischerweise zu ambitioniert, zu überladen. Und so schließe ich mit einer Erkenntnis, die so banal klingt, wie der Film ist:
Manchmal ist weniger mehr.
Beitragsbild: © Buena Vista International