Anomalisa

Deutschland Release: 21. Januar 2016

Anomalisa (2015) von Charlie Kaufman

Charlie Kaufmans „Anomalisa“ ist ein Geniestreich. Es ist kaum in Worte zu fassen, mit welchen Mitteln dieser Film zu überzeugen weiß. Rundum gelungen. Wertvoll. Neunzig Minuten voller Kreativität, Ideen und Menschlichkeit. Wahrlich war mein erster Eindruck als die Credits begannen, dass der Film zu kurz gewesen wäre. Uninformiert ging ich in den Kinosaal und machte mich auf einen Spielfilm mit normaler Lauflänge gefasst. Damit verbinde ich ein gewisses subjektives Zeiterleben und tatsächlich dachte ich zunächst, dass gerade einmal sechzig bis siebzig Minuten vergangen wären, als der Film zu Ende war. Und in der Tat: Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn der Film etwas länger gelaufen wäre. Aber wer bin ich zu beurteilen, dass es dem Film gut getan hätte? Besser geht es nämlich nicht. Dieser Film ist eine rasante emotionale, psychologische Erfahrung kreativer Schöpfung.

Da dieser Film erst im Januar anläuft und ich nicht zu viel verraten möchte, werde ich von meinen Gefühlen und Eindrücken erzählen. Sowieso ist dieser Film aufgrund seiner Machart als Ganzes zu sehen; jede rein inhaltliche Beschreibung wäre eine ungerechtfertigte Verzerrung der visuellen Erzählung und gar nicht in der Lage die Magie einzufangen. Man würde denken, je nach Beschreibung, Anomalisa wäre eine einfache Romanze oder ein Erotikstreifen mit einem gestörten Protagonisten. Und nun ja, das passt auch soweit. Charlie Kaufman arbeitet nicht mit lebenden Menschen. Es handelt sich nämlich um einen Stop-Motion Animationsfilm für Erwachsene. Schon die visuelle Darstellung allein ist eine absolute Pracht: Nicht schrill oder ausgefallen aber voller Liebe zum Detail, mit geschickt gesetzten Elementen, die durchweg die Aufmerksamkeit des Zuschauers binden. Die Komposition der Bilder und Szenen erzeugt Spannung und Neugier, gleichzeitig erschlägt sie nicht mit überladenen Elementen. Und obwohl keine echten Menschen spielen und wesentliche Elemente surreal sind, wirkt dieser Film unglaublich realistisch, die Figuren echter, authentischer als jene, die uns sonst in Filmen begegnen.

Mein Plan von Gefühlen und Eindrücken zu erzählen scheitert an dem Punkt, dass ich jene Gefühle, die ich während des Filmes erlebte zuvor nicht erlebt hatte – die Atmosphäre deswegen mit Worten nicht beschreiben kann. In dieser Hinsicht war dieser Film für mich völlig neu. Eine Anomalie der Gefühlswelt – selten konnte ich mich mit der Atmosphäre eines Filmes identifizieren. Eine Mischung aus banaler Handlung, Reduktion und surrealen Elementen schafft ein im positiven Sinne unglaubliches Abbild unserer Realität voller Tiefe. Charlie Kaufman hat uns etwas zu erzählen, was zuvor in der Filmwelt nicht erzählt wurde. “Anomalisa” besitzt eine Seele und geht damit über das hinaus, was mit einfachen Worten zu fassen ist. Kaufman hat etwas komplett Neues in diese Welt gebracht und bereichert damit die Erfahrungswelt eines jeden Zuschauers.

 

Bild: Aus „Anomalisa“, © Paramount Pictures, 2015

Im Verleih von Paramount Pictures Germany

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