The Big Short
Als 2008 die amerikanischen Finanzmärkte kollabierten, weil Millionen Amerikaner die Hypotheken ihrer Häuser nicht mehr bedienen konnten, stürzte die Welt in eine globale Finanzkrise. Die über anderthalb Jahrhunderte alte Investmentbank Lehman Brothers musste Insolvenz anmelden, Tausende verloren ihre Jobs, unzählige Familie wurden über Nacht obdachlos. Der bisher für seichte Komödien bekannte Regisseur Adam McKay hat nun das bekannte Sachbuch The Big Short adaptiert und zeigt uns in seinem starbesetzten Oscarfavoriten die Geschichte von Außenseitern, die die Katastrophe schon früh erahnten und versuchten, buchstäblich Kapital daraus zu ziehen.
McKay belässt es nicht dabei, bloß die Anekdote einer Gruppe Antihelden im Kampf gegen uneinsichtige Bänker zu erzählen, er versucht die komplexen Verschränkungen des Finanzmarktes zu entwirren und zu zeigen, wie es zu dieser Krise überhaupt erst kommen konnte. Stilsicher erklären uns Margot Robbie in ihrer Badewanne oder Selena Gomez am Pokertisch, was es mit sperrigen Begriffen wie den schmutzigen Collateralized Debt Obligations oder Credit Default Swaps auf sich hat und zeigen uns, wie die Dynamik des blinden Vertrauens zu vermeintlichen Autoritäten konzeptionelle Logikfehler zu gigantischen Dummheiten aufblasen kann.
McKays Collage ist umfassend: Geschickt greifen Schnipsel unterschiedlicher Couleur ineinander, wir begegnen von ängstlichen Managern und inkompetenten Finanzmaklern über unaufrichtigen Ratingagenturen hin zu Arbeitslosen und Familien, die ihr Zuhause verlassen müssen, so ziemlich allen Betroffenen der Krise. Die oft lakonischen Szenen sind manchmal etwas plakativ geraten, aber meistens extrem unterhaltsam. Verwackelte Kameraführung, scheinbare Probleme mit dem Zoom, Standbilder, kurze Texte und eingestreute Clips aus Internetvideos geben der Präsentation einen dokumentarischen Anstrich im Stile Michael Moores. Dieses Potpourri an Stilmitteln ist meisterhaft geschnitten, nie verliert der Film an Fahrt und entfaltet so im Zusammenspiel mit den flotten, oft zynischen Dialogen eine ähnliche Sogwirkung wie The Wolf of Wallstreet vor zwei Jahren.
In diesem Panorama sind die Propheten der Katastrophe mehr Mittel zum Zweck, ihre Charaktere spielen nur eine Nebenrolle. Lediglich für den von Steve Carell dargestellten Mark Baum versucht das Drehbuch einen Bogen zu schlagen; dessen unvermittelter emotionaler Ausbruch gegen Ende will aber nicht so recht zum eigentlichen Ton des Werks passen und führt den Film dann auch zielsicher zu dem leider etwas zu pathetisch geratenen Ende. Weniger wäre hier mehr gewesen.
„The Big Short“ erzählt uns zwar nichts Neues über die Finanzkrise und hält auch keine Facette bereit, die noch nicht beleuchtet wurde, aber es fasst das Geschehen um 2008 dank herausragender Arbeit im Schneideraum und einem cleveren Drehbuch sehr unterhaltsam zusammen.
Bild: Szenenbild aus „The Big Short“, 2015, © Paramount Pictures Germany.